Europäische Stiftungen verfügen über ein Stiftungsvermögen in Höhe von insgesamt 511 Milliarden EUR (Philea 2021). Obwohl der größte Teil dieser Gelder auf globalen Finanzmärkten angelegt wird, wird ein kleinerer Anteil in Höhe von 60 Milliarden EUR für Förderungen aufgewendet, die dem Stiftungszweck dienen.
Geber:innen investieren ihr Vermögen überwiegend an Finanzmärkten, um Einnahmen für die Vergabe von Zuwendungen und die Finanzierung des Stiftungsbetriebs zu erzielen. Auf diese Weise investieren sie gleichzeitig auch in „kleine Teile des globalen Kapitalismus“[1]. Sie nehmen Einfluss auf Finanzmärkte, unterstützen dabei jedoch häufig Unternehmen, deren Ziele den Bedürfnissen ihrer Förderempfänger:innen entgegenstehen.
Dahingegen bedeutet ein strategischerer Einsatz von Kapital, dass ein größerer Teil des Stiftungsvermögens für die Erfüllung des Stiftungszwecks verwendet wird. Das Kapital dient dabei nicht der finanziellen Unterstützung von Zuwendungsempfänger:innen, sondern stellt eine Strategie zur Erfüllung des Stiftungsauftrags mithilfe des überwiegenden Teils des Stiftungsvermögens dar.
Wichtige Erkenntnisse
- Geber:innen, die ihr Anlageportfolio an der angestrebten Wirkung ihrer Zuwendungen ausrichten, schlagen zwei Fliegen mit einer Klappe: Sie erzielen Einnahmen und fördern ihren Zweck. Für Geber:innen, die sich für den Klimaschutz engagieren, bedeutet dies im Hinblick auf ihre Kapitalanlagen: weg von CO2-intensiven Unternehmen, hin zu Unternehmen, die Lösungen für die Klimakrise entwickeln. Ressourcen wie die Datenbank Climate Action 100+ helfen dabei, Unternehmen zu identifizieren, die weltweit zu den größten Treibhausgasemittenten gehören. Geber:innen können ihr Kapital insbesondere zur Überbrückung der „Innovationslücke“ (Braemer 2015) einsetzen, indem sie in Technologien und Geschäftsmodelle investieren, die für die Bewältigung des Klimawandels entscheidend sind, sich aber auf gewinnorientierten Finanzmärkten noch nicht behaupten können. Plattformen wie die Prime Coalition sind für die Identifizierung von Möglichkeiten nützlich.
- Geber:innen können ihr Kapital auch einsetzen, um größere Anteile an Unternehmen zu erwerben. Dadurch können sie Unternehmensentscheidungen in Richtung klimafreundlicherer Praktiken beeinflussen. Eine Möglichkeit ist die Stimmabgabe bei Aktionärsversammlungen, eine andere, Aktionärsbeschlüsse auf den Weg zu bringen. So können Unternehmen dazu gedrängt werden, für ihren Anteil am Klimawandel einzustehen (Braverman 2018). Selbst wenn diese Strategien nicht unmittelbar zur Änderung von Geschäftspraktiken führen, tragen sie doch dazu bei, Unternehmen zur Rechenschaft zu ziehen und öffentlichen Druck aufzubauen (ShareAction 2022).
- Nachhaltige Kapitalanlagen ohne Ertragseinbußen sind möglich. Viele Fallstudien zeigen, dass die Einbeziehung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien (ESG) in ein Portfolio nicht zwangsläufig zu einer Verringerung der Rendite führt (Müller et al. 2018). Darüber hinaus veranschaulicht das kürzlich in Großbritannien beendete Gerichtsverfahren Butler-Sloss gegen die Charity Commission, dass ein verantwortungsvoller Investitionsansatz – definiert als die Berücksichtigung von ESG-Kriterien bei Investitionsentscheidungen – mit den treuhänderischen Pflichten von Geber:innen vereinbar ist. Damit können Stiftungen abwägen, ob Rentabilitätsüberlegungen gegebenenfalls ihren Stiftungszwecken entgegenstehen (Impact Investing Institute 2022).
[1] So beschreibt Lily Tomson von ShareAction den Ansatz im Online-Kurs “Climate + Philanthropy: A Compact Learning Journey” von Active Philanthropy.